Passivhaus Entwicklung und Trends

Die Entwicklung des Passivhaus seit 1991

Das erste Passivhaus wurde als Reihenhaus mit vier getrennten Wohneinheiten im Jahre 1991 in Darmstadt von Dr. Wolfgang Feist erbaut. Dieses Testhaus läuft seither mit einer durchschnittlichen, konstanten, passiven Wärmegewinnung von 10 kWh/m². Nur sieben Jahre später wurde in der Kleinstadt Bretten in Baden-Württemberg das erste freistehende Einfamilienwohnhaus mit passiver Energiegewinnung erbaut. Ein Jahr später entstand in Freiburg das erste Mehrfamilien-Passivhaus im Stadtteil Vauban. Nur kurze Zeit später wurden in Wiesbaden, Hannover und Stuttgart ganze Passivhaus-Siedlungen erbaut, welche eine Gesamtzahl von über 100 Passivhäuser aufweisen.

Im weiteren Verlauf der Entwicklung wurden über die ganze EU verteilt über 200 weitere Passiv-Wohneinheiten errichtet, welche allesamt mit speziellen Messeinheiten ausgestattet wurden. Die hierdurch entstandenen Messungen bestätigten die Erwartungen in Hinblick auf die Sparsamkeit von Passivwohnhäusern in vollem Umfang.

Im Jahre 2002 entstand in Ulm das erste Passiv-Bürogebäude, welches den einprägsamen Namen Energon erhielt. Doch nicht nur in Europa steigt die Anzahl an Passivhäuser stetig an. Auch in den USA werden, seit im Jahre 2003 das erste Passivhaus in Urbana Illinois erbaut wurde, immer mehr Häuser mit passiver Wärmegewinnung errichtet.

Im Jahre 2006 wurden in den Ländern Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien über 6000 Passivhäuser gezählt, wobei die Tendenz stetig steigt. Heutzutage werden auch immer mehr öffentliche Gebäude, wie Schulen, Sporthallen, Gemeindezentren und sogar Industriegebäude im Passivhaus-Standard erbaut. Nicht selten wird darüber gesprochen, dass in den Häusern mit passiver Energiegewinnung der Wohnstandard der Zukunft zu suchen ist! Diese Aussage beruht in erster Linie auf die Unabhängigkeit eines Passivhauses von der externen Wärmelieferung und somit auch von den immer rarer werdenden fossilen Brennstoffen.

Das Nullenergiehaus

Die konsequente Weiterentwicklung zum Passivhaus

Ein Passivhaus, welches neben der passiven Wärmegewinnung zudem mit solartechnischen Anlagen für die Warmwasser- und Stromgewinnung ausgestattet ist, und somit alle benötigten Energielieferungen selbst übernimmt, wird als Nullenergiehaus bezeichnet.

Ein Nullenergiehaus ist aufgrund seiner speziellen Bauweise und den integrierten Energiegewinnungssystemen von sämtlichen externen Energielieferungen unabhängig. Vom technischen Standpunkt aus betrachtet ist ein Nullenergiehaus also eine Verbesserung, bzw. eine Weiterentwicklung der geläufigen Passivhäuser, welche in vielen Fällen ausschließlich auf die Heizwärmegewinnung ausgerichtet sind.

Nullenergiehäuser sind in jeder Hinsicht zukunftsweisend, da in einem Wohnhaus, welches dem Nullenergiestandard entspricht, nicht selten mehr Energie produziert wird, als letztendlich von den Bewohnern verbraucht wird. Man spricht in so einem Fall von einem Plusenergiehaus®. Die überschüssige Energie, wie beispielsweise der durch die Solaranlagen selbst produzierte elektrische Strom, welcher nicht verbraucht wird, kann sogar an das öffentliche Stromnetz abgegeben und somit der Öffentlichkeit zum Verbrauch zur Verfügung gestellt werden.

Jedoch gilt es zu bedenken, dass jene Energie, welche für den Bau des Nullenergiehauses benötigt wird, wie beispielsweise die Energie für die Vorfertigung der Fertighausteile, oder die benötigte Energie für den Transport der Einzelbauteile, sowie die Energie, welche bei der Errichtung des Hauses verbraucht wird, eine Rücklaufzeit von bis zu 12 Jahren benötigt. Dies bedeutet, dass die für den Hausbau verbrauchte Energie erst nach einer Laufzeit von 12 Jahren durch die Systeme des Nullenergiehauses wieder zurückgewonnen wird. Nichts desto trotz zeigt uns das Konzept des Nullenergiehauses, dass ein absolut gehobener Wohnstandard auch ohne die Verbrennung fossiler Brennstoffe und eine externe Stromlieferung möglich ist!

Solartechnik beim Passivhaus

Solare Energiegewinnung bei Passivhäusern

Bei der Solartechnik handelt es sich um spezielle Systeme, welche mithilfe der Sonneneinstrahlung Wärme für Heizung und Warmwasser oder elektrische Energie gewinnen. Hierzu werden sogenannte Solarzellen benutzt, die generell auf dem Dach des Passivhauses montiert werden. Die Solarzellen wandeln die Sonneneinstrahlung in die benötigte Energie um und geben sie an spezielle Lagersysteme oder aber für den Direktverbrauch weiter. Da in unseren Breitengraden je nach Jahreszeit eine sehr unterschiedliche Intensität der Sonneneinstrahlung besteht, sind spezielle Lagereinrichtungen zum Speichern der Energie unbedingt notwendig. Nach dem heutigen Stand der Technik kann generell gesagt werden, dass die solare Energiegewinnung immer effektiver und die benötigten Solarzellen immer kleiner werden.

Die solare Warmwassergewinnung erfolgt in der Regel durch sogenannte Solarkollektoren, welche die gewonnene Wärme aus der Sonneneinstrahlung an ein integriertes Wasserleitungssystem abgibt. Das Wasser, welches durch das Leitungssystem zirkuliert erwärmt sich und wird in einem speziellen Warmwasserspeicher bis zum letztendlichen Verbrauch gelagert und mithilfe einer speziellen Isolierung warm gehalten. Die sogenannten thermischen Sonnenkollektoren arbeiten hierbei sehr effektiv und erreichen bei der Verwertung der Sonnenenergie einen ungemeinen Wirkungsgrad von ungefähr 70%, was bedeutet, dass durch die solare Wärmegewinnung 70% der Energieleistung der Sonnenstrahlen verfügbar gemacht werden.

Die solare Stromgewinnung wird als Fotovoltaik bezeichnet. Hierbei werden die Sonnenstrahlen mittels Solarzellen in verwertbaren Strom umgewandelt. Auch bei der Fotovoltaik schreitet die Entwicklung stetig voran und somit wird auch die solare Stromgewinnung immer effektiver. Wie bei der solaren Wärmegewinnung steigt auch bei der Stromgewinnung die prozentuale Nennleistung, aufgrund der immer weiter fortschreitenden Entwicklung der solartechnischen Einzelkomponenten, konstant an. Auch bei der solaren Stromgewinnung sind spezielle Speichereinheiten, in diesem Fall leistungsstarke Batterien bzw. Akkus, notwendig, um den gewonnenen Strom bis zum endgültigen Verbrauch „lagern“ zu können.

Vergleich von Mehrkosten und Minderkosten beim Passivhaus

Wo kostet das Passivhaus mehr und wo wird eingespart?

Die Mehrkosten bei einem Passivhaus entstehen in der Regel durch die spezielle, luftdichte Dämmung der Außenwände, die Systeme für die passive Energiegewinnung und die sehr hoch dämmenden Fenster mit Dreifach-Wärmeschutzverglasung. In manchen Fällen entstehen weitere Mehrkosten durch Sondermaßnahmen, wie beispielsweise eine Katzentüre oder andere Individualkomponenten, wie eine Solaranlage für die Warmwassergewinnung. Wünscht der Bauherr eine Unterkellerung für sein Passivhaus, müssen auch der Aushub und die Abdämmung des Fundamentes in den Mehrkostenplan mit einbezogen werden.

Doch beim Bau eines Passivhauses bieten sich dem Bauherren auch sehr viele Möglichkeiten, Kosten einzusparen. Hierbei spricht man von den Minderkosten. Die Minderkosten bzw. die Einsparungsmöglichkeiten entstehen durch die besonderen baulichen Maßnahmen eines Passivhauses. Beispielsweise kann bei einem Passivhaus auf einen Kaminzug verzichtet werden. Zudem wird kein eigener Heiz- oder Brennstofflagerraum benötigt. Des Weiteren kann bei einem Passivhaus auf den Einbau einer Heizungsanlage mit alle dazugehörigen Komponenten verzichtet werden, da die benötigte Heizwärme durch die passive Energiegewinnung gewonnen wird. Dieser Punkt stellt auch die Möglichkeit dar, dauerhaft Kosten für Heizung und Warmwasser einzusparen.

Neben den aufgeführten Punkten für eine mögliche Kostenminderung ergeben sich beim Bau eines Passivhauses noch weitere Möglichkeiten, die Mehrkosten auszugleichen. Beispielsweise werden viele Passivhäuser als Fertigbausätze angeboten, wobei sich die Bauzeit enorm verkürzt, da die Einzelbauteile zumeist schon im Werk des Herstellers vorgefertigt werden. Bei den Fertigbausätzen für Passivhäuser handelt es sich generell um sogenannte Typenhäuser, bei denen eine individuelle Bauplanung und die dazugehörigen Kosten entfallen.

Stellt man nun die Minderkosten mit den Mehrkosten gegenüber, so wird ersichtlich, dass ein Passivhaus in der Regel nicht sehr viel teurer ist, als ein Standardhaus mit einem gewöhnlichen Heizsystem.

Passivhäuser als Komplettbausatz

Komplettbausätze für Passivhäuser sind der Trend!

In vielen Fällen werden Passivhäuser heutzutage als Komplettbausatz angeboten. Dabei handelt es sich in der Regel um Fertigbausätze für Holzhäuser, welche mit der speziellen Dämmung eines Passivhauses und den dazugehörigen Systemen für die passive Energiegewinnung ausgestattet sind. Die Fertigbausätze haben den klaren Vorteil, dass sämtliche enthaltene Komponenten genau aufeinander abgestimmt sind und somit eine optimale Funktion aufweisen. Beispielsweise werden die Systeme für die passive Energiegewinnung, wie die spezielle Lüftung mit dem integrierten Wärmetauscher und eventuell enthaltene solare Energiegewinnungssysteme ausgiebig im Verbund miteinander getestet, wodurch der Hersteller für den Passivhausfertigbausatz die am besten miteinander funktionierenden Systeme ermitteln kann.

Die Einzelbauteile der Fertigbausätze für Holzpassivhäuser werden generell im Werk des Herstellers vorgefertigt und komplett mittels Schwertransporter zur Baustelle transportiert, wo sie vom Bauteam nur noch montiert werden müssen. Nachdem der Rohbau errichtet wurde, folgt der sehr wichtige Arbeitsschritt der Dämmung des zukünftigen Passivhauses. Hierzu sollte erwähnt werden, dass manche Fertighaushersteller die Grunddämmung ebenfalls schon im Werk vornehmen und auf der Baustelle nur noch die möglichen Wärmeleiter abisoliert werden. Nach der Dämmung erfolgt in der Regel der Einbau der speziellen Systeme für die passive Energiegewinnung und der Solaranlagen.

Ein Fertigpassivhaus ist vom Grundriss her genau auf die passive Energiegewinnung ausgelegt. Hierbei ist eine quadratische Grundform und eine große Fensterfront auf der Südseite des Hauses unabdinglich. Des Weiteren werden für die Nordseite des Passivfertighauses nur sehr kleine Fenster eingeplant, um einem möglichen Wärmeverlust entgegen zu wirken. Auch eine zu verschnörkelte Grundform mit Vorsprüngen und Erkern wird bei einem Passivhausfertigbausatz grundsätzlich vermieden, um den Wärmeverlust so niedrig wie möglich zu halten.